Wer trägt die Kosten?

Bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Betriebsrat kann man grob 3 Gruppen unterscheiden. In Betracht kommen:

  • Die außergerichtliche Beratung und Vertretung des BR
  • Die Vertretung in einem gerichtlichen Beschlussverfahren oder Einigungsstellenverfahren,
  • Daneben auch eine Beauftragung als Sachverständiger

1. Kostenübernahme bei außergerichtlichen Streitigkeiten

Auch wenn noch kein konkreter Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber droht, kann der BR berechtigt sein, einen Rechtsanwalt auf Kosten des Arbeitgebers mit der außergerichtlichen Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber dem Arbeitgeber zu beauftragen.

Wenn Streit über das Bestehen bzw. Umfang eines vom Betriebsrat beanspruchten Mitbestimmungsrechtes besteht und zu erwarten ist, dass durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts eine gütliche Einigung ohne ein gerichtliches Verfahren erreicht werden kann, hat der Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich auch die durch die außergerichtliche Tätigkeit entstehenden Rechtsanwaltsgebühren zu übernehmen.

Ferner auch dann, wenn der BR im Rahmen eines konkreten Konfliktes erwägt, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, also ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren herbeizuführen, und die anwaltliche Tätigkeit darauf gerichtet ist, die beschlossene Durchführung entbehrlich zu machen (vgl. BAG 25.6.2014 - 7 ABR 70/12; 15.11.2000 - 7 ABR 24/00).

Entsprechendes gilt, wenn der Betriebsrat einen Anwalt damit beauftragt, Verhandlungen über einen Interessenausgleich oder eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber zu führen. Dabei geht es um die Ausübung der betriebsverfassungsrechtlichen Rechte im Vorfeld eines Einigungsstellenverfahrens mit dem Ziel, die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens entbehrlich zu machen.

Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat die Beauftragung eines Anwalts für erforderlich halten durfte.

Prüfung der Erforderlichkeit

Bei der Prüfung der Erforderlichkeit muss der Betriebsrat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abwägen.

Stehen dem Betriebsrat zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte mehrere gleich geeignete Möglichkeiten zur Verfügung, muss er die für den Arbeitgeber kostengünstigere auswählen (vgl. BAG 25.6.2014 - 7 ABR 70/12; 29.7.2009 - 7 ABR 95/07).

Beurteilungsspielraum des Betriebsrats

Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Anwalts steht dem Betriebsrat aber ein Beurteilungsspielraum zu. Das Gericht kann die Entscheidung des BR aber nur überprüfen, ob die Hinzuziehung des Rechtsanwalts sowie eine ggf. erteilte Honorarzusage der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats diente.

Zudem kann geprüft werden, ob der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft, sondern auch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers berücksichtigt hat.

2. Vertretung in Gerichtsverfahren

Muss der Betriebsrat ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht führen, kann er sich dabei in der Regel durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Betriebsrat oder der Arbeitgeber das Gerichtsverfahren einleitet. Für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übernahme der Gebühren des Rechtsanwalts kommt es nicht darauf an, ob der Betriebsrat den Prozess am Ende gewinnt oder verliert.

Der Betriebsrat muss sich vom Arbeitgeber auch nicht darauf verweisen lassen, dass die Vertretung durch eine Gewerkschaft billiger wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Betriebsrat frei wählen, ob er einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt oder gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nimmt.

Allerdings muss der Arbeitgeber die durch einen Gerichtsprozess entstehenden Rechtsanwaltskosten nicht übernehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos oder mutwillig ist.

Damit dem Betriebsrat nicht der Vorwurf gemacht werden kann, er habe „mutwillig“ einen Gerichtsprozess eingeleitet, sollte er in der Regel zunächst versuchen, eine gütliche Einigung mit dem Arbeitgeber zu erzielen.

Falls der BR dies unterlässt, läuft der von ihm beauftragte Anwalt sonst Gefahr, seinen Gebührenanspruch gegen den Arbeitgeber zu verlieren. Er geht dann im Extremfall „leer aus“.

Vertretung in der Einigungsstelle

Auch in Verfahren vor der Einigungsstelle kann sich der BR anwaltlich vertreten lassen. Voraussetzung für eine Übernahme der dadurch entstehenden Anwaltskosten durch den Arbeitgeber ist, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt bei verständiger Würdigung aller Umstände erforderlich ist.

Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich im Einigungsstellenverfahren

  • schwierige Rechtsfragen oder
  • schwierige Fragen tatsächlicher Art stellen oder wenn
  • sich der Arbeitgeber vor der Einigungsstelle anwaltlich vertreten lässt (Grundsatz der Waffengleichheit).

Der Betriebsrat hat aber auch die Möglichkeit, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens als Beisitzer für die Einigungsstelle zu benennen und dadurch dessen juristischen Sachverstand für das Einigungsstellenverfahren zu nutzen.

3. Hinzuziehung von Sachverständigen

Eine weitere Möglichkeit für den Betriebsrat, auf den juristischen Sachverstand eines Rechtsanwalts zurückzugreifen, bietet § 80 Abs. 3 BetrVG.

Nach dieser Vorschrift kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben unter bestimmten Voraussetzungen Sachverständige hinzuziehen, wenn dieser dem Betriebsrat spezielle Rechtskenntnisse vermitteln soll, die der Betriebsrat zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt.

Voraussetzung für die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist, dass dem Betriebsrat die nötige Sachkunde fehlt, um eine bestimmte, ihm gesetzlich zugewiesene Aufgabe ordnungsgemäß wahrnehmen zu können. Die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts wird z.B. bejaht bei schwierigen Rechtsfragen und bei Vorbereitungen für einen Interessenausgleich und Sozialplan.

Als Sachverständige kommen z.B. in Betracht:

  • Unternehmensberater,
  • Wirtschaftsprüfer,
  • Technische Berater,
  • Rechtsanwälte

Nach § 111 Satz 2 BetrVG kann der Betriebsrat bei Betriebsänderungen in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen, ohne eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu treffen. Durch die Beratung soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, die Auswirkungen einer geplanten Betriebsänderung rasch zu erfassen und in kurzer Zeit fundierte Alternativvorschläge so rechtzeitig zu erarbeiten, dass er auf die Entscheidung des Arbeitgebers noch Einfluss nehmen kann.

Der Unterschied zu § 40 I BetrVG (oben 1) besteht darin, dass der BR den Anwalt in diesen Fällen erst dann einschalten darf, wenn er sich über die Einzelheiten der Anwaltsbeauftragung (vor allem  über das Thema, die Person des Sachverständigen und die Kosten) mit dem Arbeitgeber geeinigt hat. Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht einigen, kann der Betriebsrat hierzu das Arbeitsgericht anrufen und die Zustimmung des Arbeitgebers vom Arbeitsgericht ersetzen lassen.

Unterschied

Die Abgrenzung zwischen der Beauftragung als Vertreter (oben 1) und als Sachverständigen bereitet oft Schwierigkeiten.

Man kann sagen:

  • Wenn es um die Heranziehung sachkundiger Personen durch den BR zum Zwecke seiner Beratung geht: 80 III BetrVG
    (also vorherige Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich)
  • Wenn es um die Vertretung des Betriebsrats bei der Durchsetzung oder Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder Einigungsstellenverfahren oder in deren Vorfeld (vereinfacht gesagt: das sog. „Tagesgeschäft“ geht: 40 I BetrVG
    (also Zustimmung des Arbeitgebers nicht erforderlich)

Häufige Fehlerquelle

Sehr oft wird von Betriebsräten das Wichtigste vergessen: In jedem Fall ist immer – vor jeder Maßnahme und jedem Auftrag an einen Anwalt - ein ordnungsgemäßer BR-Beschluss erforderlich.

Dabei muss unbedingt auf die üblichen Förmlichkeiten, wie ordnungsgemäße Ladung, Protokollierung, usw. zu achten. Ist dies unterblieben, läuft der beauftragte Anwalt Gefahr, seinen Gebührenanspruch gegen den Arbeitgeber zu verlieren.

Allerdings kann der BR-Beschluss (bis zum Abschluss der Instanz) noch nachgeholt bzw. ein fehlerhafter Beschluss nachträglich genehmigt werden.

Wenn der BR-Vorsitzende also – was sehr häufig geschieht – den Rechtsanwalt in einer eiligen Frage (telefonisch oder per Email) kontaktiert hat und dieser dann eine nicht unerhebliche Zeit in die Prüfung und Beantwortung dieser Frage gesteckt hat, kann das BR-Gremium bzw. der Betriebsausschuss die vorangegangene Beauftragung des Anwalts durch den Vorsitzenden noch nachträglich genehmigen.