Keltische Sprachen
Ihre Kultur ist nach dem archäologischen Fundort La Tène in der Schweiz benannt. Die Latènezeit ist eine Epoche der jüngeren vorrömischen Eisenzeit in weiten Teilen Mitteleuropas. Sie reicht von etwa 450 v. Chr. bis zur Zeit um Christi Geburt.
Der Begriff Latènekultur bezieht sich auf die archäologischen Hinterlassenschaften der Kelten aus der Latènezeit und umfasst alle Materialgruppen dieser Zeit nördlich der antiken Welt.
Die Kelten sprachen zu jener Zeit eine als gemein-keltisch (oder proto-keltisch) rekonstruierte Sprache.
Die Keltische Sprachen bilden eine Untergruppe der indogermanischen Sprachfamilie. Das Verbreitungsgebiet der keltischen Sprachen im Verlauf der Geschichte von 500 v.Chr. bis heute ergibt sich aus dieser Karte (durch Klicken auf der Karte erscheinen dort Detail-Vergrößerungen).
Die Sprache trägt je nach Region unterschiedliche Namen.
- Die nach Spanien gewanderten Kelten werden als Keltiberer bezeichnet.
- Die Kelten (griech: keltoi), die auf den Balkan und nach Kleinasien zogen, hießen bei den Griechen Galater; ihre Sprache (das Galatische) hielt sich bis ins 5. Jahrhundert nach Christus.
- Im Bereich des heutigen Frankreichs und weiten Teilen Westeuropas nannte man die Kelten Gallier (vgl. Cäsars Kampf gegen die Gallier (= Kelten): De bello Gallico.
Die Gruppe der keltischen Sprachen teilt sich geographisch und historisch in das Festlandkeltische und das Inselkeltische. Aus linguistischer Sicht zerfällt das Inselkeltische wiederum in zwei Gruppen: die britannische mit Bretonisch, Kornisch und Walisisch (Kymrisch), und die goidelische mit Irisch, Schottisch-Gälisch und Manx.
1. Festlandkeltisch
Das Festlandkeltische ist, wie gesagt, mittlerweile ausgestorben. Bis zum 5. Jahrhundert wurden keltische Festlandsprachen, zu denen vor allem das Gallische zählt, in ganz Westeuropa gesprochen. Sie gingen jedoch unter dem Einfluß der mächtigen Nachbarsprachen Englisch und Französisch unter.
Heute weiß man nur noch wenig über sie. Nahezu alles, was uns über die keltischen Sprachen bekannt ist, gründet sich auf das Inselkeltische. Interessant ist, daß auch das Bretonische (das noch im Nordwesten Frankreichs gesprochen wird) vom Inselkeltischen, nicht vom Festlandkeltischen abstammt.
Zur Vertiefung: Einzelne Reste scheint es aber möglicherweise doch noch zu geben. Näheres unten auf dieser Seite.
2. Inselkeltisch
Es scheint auf den britischen Inseln zwei Einwanderungswellen gegeben zu haben: Die erste, im 4. Jhdt. vor Chr. führte zu einer Form des Keltischen, die als goidelisch (oder gälisch) bezeichnet wird und später nach Schottland und auf die Isle of Man gelangte. Die zweite Einwanderungswelle, die sich über Südengland und Wales erstreckte und später bis in die Bretagne reichte, ergab eine Form des Keltischen, die man britannisch (oder einfach britisch) nennt.
Sprachwissenschaftlich wird die erste Gruppe als q-keltisch bezeichnet, da sie den kw-Laut des proto-indoeuropäischen beibehielt, geschrieben zunächst als q und später als c.
Die zweite Gruppe nennt man p-keltisch, da sich dieser Laut hier zu /p/ entwickelte.
Das Inselkeltische, das bis heute überlebt hat, zerfällt aus linguistischer Sicht somit in zwei Gruppen:
- die goidelische (= gälische) mit Irisch, Schottisch-Gälisch und Manx
- die britannische mit Bretonisch, Kornisch und Walisisch (Kymrisch)
Das Merkmal der keltischen Sprachen, das sie am deutlichsten von anderen indogermanischen Sprachgruppen unterscheidet, ist der Verlust des ursprünglich indogermanischen Lautes p. Ein Wort aus dem Lateinischen, Griechischen oder dem Sanskrit, das am Anfang oder in der Mitte ein p aufweist, wird in der keltischen Sprachfamilie ohne diesen Konsonanten auftauchen
(z.B. lateinisch porcus: „Schwein”, goidelisch: orc).
Die goidelischen und britannischen Gruppen der keltischen Sprachen unterscheiden sich voneinander insofern, als das Goidelische den Velar (Gaumensegellaut) des indogermanischen Labiovelars (Lippengaumenlaut) qu erhält (das später als c geschrieben wird), wohingegen das Britannische diesen Klang als p wiedergibt. Insofern entspricht das irische cuig oder coo-ig (oder cuig = fünf) dem walisischen pump.
Die Ausspracheregeln der keltischen Sprachen sind extrem kompliziert, die Schreibweise entspricht im Allgemeinen nicht der Aussprache. Anfangskonsonanten orientieren sich an dem letzten Laut des vorangehenden Wortes: z. B. heißt im Irischen fuil „Blut”, aber „unser Blut” heißt ar bhfuil. Im Walisischen wird tad „ein Vater” zu fy nhad „mein Vater”, ei thad „ihr Vater” oder i dad „sein Vater”.
Sämtliche modernen keltischen Sprachen verwenden das lateinische Alphabet. Es gibt nur zwei grammatikalische Geschlechter , weiblich und männlich, Adjektive folgen im Allgemeinen dem Hauptwort. Wie einige nicht indogermanische Sprachen verwenden sie statt dem Partizip Präsens Verbalsubstantive, beginnen jeden Satz mit einem Verb (sog. VSO- bzw. VOS-Typ) und drücken Tätigkeiten mit dem unpersönlichen Passiv aus.
Die weitere Entwicklung
Die im fünften Jahrhundert nach Christus einfallenden (germanischen) Angelsachsen verdrängten die britischen Kelten nach Westen und Norden, was zur raschen Differenzierung ihrer Dialekte führte. – Die heutige sprachliche Situation ist also folgende:
Im größten Teil der britischen Inseln hat sich die Sprache der (germanischen) Eroberer, d.h. der Angelsachsen durchgesetzt. Das heutige Englisch ist somit eine germanische (keine keltische) Sprache.
- Im heutigen Cornwall entwickelte sich die Sprache zum kornischen,
- In Wales zum Walisischen und
- In Teilen Schottlands zum Kumbrischen.
Bretonisch
Bis zum Ende des 4. Jahrhunderts nach Chr. hatte Latein das Keltische in Gallien vollständig abgelöst.
Der heute in der Bretagene gesprochene keltische Dialekt ist nicht etwa ein Relikt aus der vorrömischen Zeit, der sich dort etwa erhalten und die Zeit der römischen Kultur und Sprache überdauert hätte. Man nimmt vielmehr an, daß keltische Einwohner der Britischen Inseln hier vor der Invasion der Angeln, Sachsen und Juten (5. – 7. Jhd. nach Chr.) Zuflucht suchten und hierbei die Sprache auf den Kontinent brachten.
Das Keltische wäre somit zweimal in die Bretagne gekommen: Einmal im Zuge der ursprünglichen Besiedlung durch die Indogermanen, und nochmals im 5.-7. Jhd. n.Chr. durch den Zuzug keltischer Flüchtlinge aus Britannien.
In seiner Frühzeit war das Bretonische dem Kornischen sehr ähnlich. Möglicherweise waren die Sprachen bis zum 15. Jahrhundert nach Chr. (!) gegenseitig verständlich. Das Bretonische unterscheidet sich vom Walisischen und Kornischen in der Verwendung von Nasalen und Lehnwörtern aus dem Französischen.
Die bretonische Sprache wird heute in verschiedenen Dialekten in der Bretagne gesprochen, die meisten Bretonen sprechen aber auch Französisch. Von der Mitte des 17. Jahrhunderts an erlebte das Bretonische eine Blütezeit, in der mehrere Grammatiken und eine umfangreiche Literatur in Form von Theaterstücken, Legenden und Balladen entstanden. Bretonisch wurde in den fünfziger Jahren als Schulfach anerkannt. Schätzungen zufolge haben in den vierziger Jahren fast eine Million Menschen Bretonisch gesprochen; inzwischen dürfte sich diese Zahl vermutlich halbiert haben.
Kornisch
Einst die Sprache Cornwalls, ist Kornisch seit dem späten 18. Jahrhundert ausgestorben. Die Sprache lebt nur noch in einigen Eigennamen und in einigen Wörtern des englischen Dialekts fort, der in Cornwall gesprochen wird.
In jüngster Zeit werden Versuche unternommen, die Sprache wieder aufleben zu lassen.
Walisisch
Walisisch gehört zu den lebendigsten der keltischen Sprachen. Walisisch wird in Wales (wo die Mehrheit ihrer Sprecher auch Englisch spricht) und in einigen Gemeinden der Vereinigten Staaten und Argentiniens gesprochen, wo sich 1865 circa 150 Waliser in Patagonien niederließen.
Organisationen wie die Society for the Welsh Language (Gesellschaft für die walisische Sprache) haben die Sprache vor dem Aussterben bewahrt und arbeiten daran, ihr neben dem Englischen einen offiziellen Status zu verleihen. Einige Schulen in Wales verwenden Walisisch als Unterrichtssprache. Darüber hinaus gibt es einige Fernseh- und Radiosendungen, die in dieser Sprache ausgestrahlt werden.
Irisch
Irisch oder Gälisch ist die älteste der keltischen Sprachen der goidelischen Gruppe.
Sprachgeschichtlich läßt sich die irische Sprache in verschiedene Perioden unterteilen:
- Altirisch (800-1000),
- Früh- oder Frühmittelirisch (1000-1200),
- Mittel- (1200-1500) und
- Neuirisch (ab 1500).
Obwohl die Sprache ursprünglich ein hohes Maß an Flexionen aufwies, behielt sie nur noch zwei Fälle, den Nominativ und den Genitiv. Der Dativ kommt nur beim weiblichen Singular vor.
Irisch wird vor allem in westlichen und südwestlichen Gegenden Irlands gesprochen, wo es als offizielle Sprache fungiert, und bis zu einem gewissen Maß in Nordirland.
Im vergangenen Jahrhundert ging die Zahl der irischsprechenden Personen von 50 Prozent der Bevölkerung auf weniger als 20 Prozent zurück, obwohl Gälisch seit 1922 in den Schulen gelehrt wird und eine Standardgrammatik entwickelt wurde.
Zum Erlernen der gälischen Sprache gibt es einen Grundkurs.
Quelle: Crystal, Die Cambridge-Enzyklopädie, Kap. 51; u.a
Ergänzung zum Festlandkeltischen
Im Beitrag zum Festlandkeltischen wurde ausgeführt, dass das Festlandkeltische mittlerweile als ausgestorben gilt.
Eine fachkundige Besucherin (Email: nnell@sunrise.ch) hat mich jetzt darauf hingewiesen, dass es doch noch Reste des Festlandkeltischen geben würde. Für Interessierte hier die Zuschrift im Wortlaut:
"Gerade habe ich den Beitrag über die keltischen Sprachen gelesen. Auch dass das Festlandkeltische ausgestorben sei. Ich würde Sie gerne darüber informieren, dass im italienischsprachigen Teil der Schweiz (im Verzasca-Tal im Tessin) ein Tal gibt, an dessen Ende auf 1000 m Höhe. ein Dorf namens Sonogno liegt, in welchem nach wie vor eine keltisch-lateinische Sprachmischung gesprochen wird. Dies müsste wohl noch das Festlandkeltische sein. Allerdings nur noch von ca. 80 einheimischen Personen. Amtssprache ist italienisch. Häuser etc. sind jedoch noch teilweise mit keltischen Namen angeschrieben wie beispielsweise „ar Froda“ o.ä. Ein Besuch dort lohnt sich sicher mal.
Ausserdem seien im alten Kloster St. Gallen in Latein schriftliche Nachweise bzw. aufgeschriebene Geschichten gefunden worden, die benennen würden, dass bis mindestens 950 n. Chr. in der Schweiz im Volk keltisch gesprochen wurde, man sich zudem zwecks der Verständigung mit dem romanischen Volk einer Art Vulgärlatein bediente. Auch dies müsste damals wohl eher ein Festlandkeltisch und nicht Inselkeltisch gewesen sein. Gemäss diesen Erzählungen konnte sich das einfache Volk in der Schweiz zum damaligen Zeitpunkt nicht in deutsch verständigen. Teilweise sind im Internet dazu Berichte.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben. Meine Familie wohnt übrigens zwar seit Generationen, nachweisbar bis zurück ins 17. Jahrhundert und nicht ganz sicher sogar bis ins 11. Jahrhundert, in der Gegend um den Zürichsee, ich spreche jedoch leider kein Festlandkeltisch mehr;-)
Doch träume bzw. spreche ich im Schlaf gemäss meinem Mann des öfteren in einer zwar deutlichen jedoch für ihn unverständlichen Sprache. Es sei gemäss dem Cousins meines Mannes, Professor für Biochemie an der Universität Zürich, tatsächlich möglich, Erfahrungen und Erinnerungen über die weibliche Eizelle an die Kinder weiterzuvererben. Im Tierreich nennt sich das dann Instinkte. Ein ganzes Team forsche dazu. Vielleicht ist es ja festlandkeltisch, was ich da erzähle...:-) Unterhaltsam ist es für meinen Mann auf jeden Fall."
Soweit die sehr interessante Zuschrift. Was den letzten Absatz anbetrifft, scheint es tatsächlich wissenschaftlich bestätigt zu sein, dass starke Einflüsse und Erlebnisse über Generationen hinweg „vererbt“ werden können (Quelle: Britta Rotsch, FAS vom 02.06.2019, S. 15).
Ob dies allerdings über mehrere Jahrhundert hinweg gilt, kann ich naturgemäß nicht beurteilen.