Gründe der Sprachentwicklung
Wie kommt es, daß – soweit heute bekannt – nur der Mensch eine ausgefeilte, differenzierte Sprache entwickelt hat, und keine der (in die Tausende gehenden) sonstigen Arten?
Denn von den biologischen Anlagen her verfügt eine ganze Reihe von Säugetieren (und der Mensch ist ja biologisch auch ein Säugetier) ebenfalls über die Möglichkeit, in einer gewissen, primitiven Weise eine Art von „Kommunikation“ zu betreiben. Schließlich können die meisten Spezies mehrere unterschiedliche Lautarten erzeugen und somit verschiedene Botschaften übermitteln. So verfügt ein Hund über ein Repertoire an Lauten, mit denen er unterschiedliche Inhalte wie Drohen, Angst oder Sympathie äußern kann.
Und auch die Methode, mit denen sie die Laute erzeuge, ist bei allen Säugetieren (und den meisten anderen Spezies) gleich bzw. ähnlich. Die Signale sind durch den Mund produzierte Laute, wobei wir mit der ausgeatmeten Luft in den oberen Atemwegen eine Resonanz erzeugen. Dies ist die gleiche Methode, mit der Hunde Bellen, Katzen miauen, Pferde wiehern und Affen kreischen.
Dies legt die Vermutung nahe, sich auch die Vorfahren des Menschen lange vor der Entwicklung unserer Spezies so verhalten haben. Wobei interessant ist, daß die Kommunikationslaute unserer engsten Verwandten im Tierreich (der Schimpansen) nicht weiter entwickelt zu sein scheinen als die vieler Langschwanzaffen, bei denen die Forscher eine große Menge „distinktiver“ (also bedeutungsunterscheidende) Laute festgestellt haben.
Was unsere Sprachen vor allem so grundlegend von den Kommunikationsmethoden der anderen Säugetiere unterscheidet, sind ihre hohe Komplexität, ihr Wandlungsfähigkeit und ihre Anpassungsfähigkeit.
So liegt ein bedeutender Unterschied der menschlichen Sprache zu den Rufen anderer Spezies darin, daß alle anderen Tiere für eine bestimmte Botschaft im Allgemeinen einen bestimmten Ruf verwenden.
Hieraus ergibt sich, daß die Zahl der möglichen Botschaften stark eingeschränkt ist: Soll eine neue Botschaft in das System aufgenommen werden, so ist auch ein neuer Laut erforderlich. Umfaßt das System bereits eine größere Anzahl von Lauten, so wird es immer schwieriger, neue distinktive Laute zu erfinden und sich bei Bedarf an sie zu erinnern.
Demgegenüber beruht die Sprache der Menschen auf dem Prinzip, eine begrenzte Anzahl von Lauten zu einer unbegrenzten Anzahl von Botschaften zu kombinieren.
Eine typische Menschensprache besitzt etwa 30 – 40 distinktive Sprachlaute. Diese lassen sich zu einer unendlichen Zahl von Wörtern aneinander reihen. Selbst ein Kleinkind, das sich noch mit einzelnen Worten mitteilt, verfügt über ein Kommunikationssystem, das sämtlichen Systemen beliebiger anderer Tiere weit überlegen ist.
Die Zahl der Wörter ist praktisch unbegrenzt. Zudem erlauben die Menschensprachen, daß mehrere Wörter zu einer Äußerung verknüpft werden. Dabei unterliegen die Ausdrucksmöglichkeiten keinen Beschränkungen. Mit dieser grundlegenden Eigenschaft lassen sich in unseren Sprachen Ideen ausdrücken, die beliebig komplex oder subtil sein können.
Niemand weiß, wie und warum dieses großartige System entstanden ist. Offensichtlich ging es mit irgendeiner Art von Evolution der Spezies Mensch einher, da keine anderen Tiere sprechen, wohl aber alle Menschen.