Phönizisches und griech. Alphabet

1. Phönizisches Alphabet

Das erste bekannte Alphabet entwickelte sich zwischen 1.700 und 1.500 v. Chr. in Palästina und Syrien. Es bestand aus 22 Zeichen, und zwar ausschließlich aus Konsonanten. Die Vokale der Wörter mussten vom Sprecher oder Leser ergänzt werden.

Dies erklärt sich zwanglos aus der Eigenart der semitischen Sprache, die im Verhältnis zu den europäischen Sprachen kaum Vokale hat, und dies auch nur kaum hörbar ausgesprochen werden.

Auf diesem Vorbild beruhten das hebräische, das arabische und das phönizische Alphabet.

Auch die modernen hebräischen und arabischen Alphabete bestehen immer noch ausschließlich aus Konsonanten, wobei das hebräische 22 und das arabische 28 Zeichen besitzt. Einige davon können zur Darstellung langer Vokale benutzt werden. Vokale können beim Schreiben auch durch Vokalpunkte und -striche unterhalb, oberhalb oder neben dem Konsonanten markiert werden. Man hat hierbei völlig freie Wahl.

Etwa um 1.000 v. Chr. bildeten sich aus dem semitischen Alphabet mehrere Zweige heraus, die Grundlage für viele Schriftsysteme der Welt wurden.

2. Griechisches Alphabet

Auch die Griechen übernahmen (etwa 800 bis 1100 v. Chr.) das von den Phöniziern verwandte Alphabetsystem. Der Zeitpunkt ist in der Wissenschaft heftig umstritten, zumal bislang keine schriftlichen Zeugnisse vor 800 v. Chr. entdeckt worden sind.

Das (auf semitische Sprachen zurückgehende) phönizische Alphabet passte naturgemäß nicht vollständig auf die vokalreiche griechische Sprache.

Aufgrund der phonologischer Unterschiede zwischen dem Phönizischen und dem Griechischen hatten die griechischen Bearbeiter der phönizischen Schrift mehr Konsonantenzeichen , als sie für die Aufzeichnung des Griechischen benötigten.

Dagegen fehlte es an Zeichen für die Vokale, da diese in der phönizischen Schrift nicht geschrieben worden waren.

Es waren sozusagen Konsonanten „übrig“, wogegen Vokale „fehlten“.

Die geniale Idee bestand nun darin, daß die Griechen diesen übrig gebliebenen Konsonantenzeichen nun Vokalwerte zuwiesen. So war das erste Alphabet mit Vokalen entstanden.

Der entscheidende Vorteil des griechischen Alphabets gegenüber den vorangegangenen (“vokallosen”) Alphabeten, insbesondere dem phönizischen Alphabet bestand also darin, daß erstmals auch die (für die indogermanischen Sprachen sehr wichtigen) Vokale geschrieben werden konnten, die in den indoeuropäischen Sprachen des Mittelmeerraums ja überreichlich vorkommen.

Je nach den sprachlichen Bedürfnissen der Menschen, die in den betreffenden Regionen lebten, in denen sich das griechische Alphabet ausbreitete, waren lediglich noch kleinere Anpassungen des Alphabets an die sprachlichen Eigenheiten der jeweiligen Sprache durch die dortigen Schreiber erforderlich.

Hierbei fügte man entweder andere Symbole ein, um solche Laute zu schreiben, die in dem griechischen Alphabet nicht vorhanden waren. Sehr häufig verwandte man aber auch Buchstaben des griechischen Alphabets, die wegen der phonetischen Besonderheiten ihrer Sprache nicht benötigt wurden (weil es z.B. den Laut, den die Griechen mit dem betreffenden Zeichen geschrieben hatten, in der eigenen Sprache nicht gab).

In dieser Weise ist man - bis in die Gegenwart - bei sämtlichen Alphabeten verfahren, die für eine fremde Sprache eingeführt wurden.

Hier finden Sie eine kleine Animation zur Entwicklung der Schrift vom phönizischen zum griechischen Alphabet (von R. Franklin).