Phonetik

Das europäische Alphabet

Unser "lateinisches" Alphabet, wie es in Deutschland und im größten Teil Europas gebräuchlich ist, enthält 26 Buchstaben. Für zusätzliche Laute, die in den meisten Sprachen erforderlich sind, sowie zur Unterscheidung von kurzen und langen Vokalen und für Betonungszeichen reicht das "lateinische" Alphabet aber nicht aus.

Es gibt daher eine Vielzahl von Buchstaben und Zeichen, die das Alphabet ergänzen.

1.  Problem:
Mehr Laute als Buchstaben

Das deutsche Alphabet hat insgesamt 29 Buchstaben, jedoch kennt auch die deutsche Sprache wesentlich mehr Laute.

So stellen z.B. ein kurz und ein lang ausgesprochener Vokal zwei verschiedene Laute dar, wie folgende Beispiele zeigen:

kurzes -a - langes - a -
die Ratten sie raten
die Rassen sie rasen
Auch das - ch - ist nicht etwa nur ein Laut, wie man meinen könnte. Es handelt sich vielmehr um 2 verschiedene Laute, die einmal vorne am Gaumen ( wie "ich") und einmal hinten im Rachen ("ach") gesprochen werden.
Ebenso wird das - r - auf 2 Arten ausgesprochen, nämlich einmal am Gaumen gequetscht (wie " Türchen ") oder mit der Zunge gerollt (wie " Rolle ").
Ferner wir kennen ein - s - ohne Stimme, also fast unhörbar (wie "fast") und ein - s - mit Stimme, also deutlich hörbar (wie "sagen").
Einen weiteren "Laut" (den sog. Stimmlippen-Verschluß ) kennt man bei uns meist nicht, obwohl wir ihn oft sprechen. Wir benutzen diesen "Laut", um zwei gleiche Vokale zu trennen: zum Beispiel in "je eher".
Achten Sie einmal darauf: zwischen den "e" schließt sich der Kehlkopf (andernfalls würde es zu einem "jeher" werden) ! Dieser Verschlußlaut spielt im Arabischen und im Hebräischen eine wichtige Rolle.

2. weitere Beispiele:

Im Idealfall sollte ein Alphabet genau so viele Zeichen haben, wie für die Aussprache der Sprache benötigt wird. Die Anzahl der Zeichen und der Laute sollte daher im wesentlichen übereinstimmen.

Dies ist allerdings bei keiner einzigen Sprache der Fall. So enthält bspw. das deutsche Alphabet 4 unnötige, d.h. eigentlich nicht benutzte Zeichen:

  • " c " klingt wie " z " oder " k "
  • " v " klingt wie " f " oder " w "
  • " y " klingt wie " i " oder " ü "
  • " x " könnte durch " k-s " ersetzt werden

Unser Alphabet ist somit eigentlich um 4 Buchstaben zu lang.

Dies hat historische Gründe. Unser Alphabet haben wir von den Römern übernommen. In der lateinischen Sprache waren diese 4 Buchstaben jedoch vorhanden (und waren dort auch erforderlich). In der Deutschen Sprache sind sie nicht unbedingt nötig. Wir könnten auf diese Buchstaben problemlos verzichten, jedoch haben sie sich inzwischen "eingebürgert", d.h. man hat sich an ihre Existenz gewöhnt.

Umgekehrt fehlen unserem Alphabet sehr viele Zeichen, die eigentlich benötigt werden, um sämtliche Laute der gesprochenen Sprache schriftlich wiedergeben zu können.

Erwähnt seien bspw.

  • die Zischlaute (- sch - )
  • die Diphtongen (z.B. eu, ei, usw.)
  • die verschiedenen - s -Laute
  • die beiden Laute für - ch - , und vor allem
  • die verschiedenen Vokale, die zwar gleich geschrieben, teilweise jedoch  ganz verschieden ausgesprochen werden

Vgl. zum letzten Punkt nur die völlig unterschiedliche Aussprache des - i - in bitten und bieten, oder des - e - in Wette (ganz kurz), redlich (sehr lang) und in Sitte (kaum hörbar).

Ferner gibt es für das stimmhafte - sch - (z.B. im Wort Garage) keinen Buchstaben. Wir umschreiben diesen Laut mit - j - (in Journal) oder mit G (in Garage).

3. Lösungen:

Im Verlauf der letzten 2 Jahrtausende wurde dieses Problem (daß zu wenige Buchstaben zur Verfügung stehen, um sämtliche Laute schreiben zu können) auf verschiedene Weisen gelöst:

  1. Zum einen hat man neue Buchstaben "erfunden", die im lateinischen Alphabet nicht vorhanden waren (z.B. die Umlaute wie - ä - , - ö -, sowie das - ß -), um bestimmte Laute schreiben zu können.       
  2. Ferner wurden vorhandene Buchstaben miteinander kombiniert und dadurch neue "Buchstaben" geschaffen (z.B. die Diphtongen, wie ei, ai, eu, usw, das - ch - und das - sch -).       
  3. Und schließlich hat man bestimmte Regeln hinsichtlich der Schreibweise geschaffen, mit deren Hilfe man erkennen kann, wie ein Buchstabe auszusprechen ist. - Letzteres geschah bspw. bei den Vokalen durch das

 

  • Hinzufügen eines weiteren Buchstabens (e oder h), um eine lange Sprechweise auszudrücken, wobei dieser Buchstabe als solcher nicht ausgesprochen wird -
 i + e = ie = langes i, bspw. Miete
e + h = eh = langes e, bspw. Lehre
  • oder durch Verdoppelung des nachfolgenden Konsonanten, um eine kurze Aussprache anzuzeigen.
  • im vorigen Beispiel (Miete) bspw. durch Verdoppelung des nachfolgenden t (= Mitte)

         4. Sehr häufig wurden auch Sonderzeichen in die Sprache aufgenommen:


4. Sonderzeichen (Diakritische Zeichen):

Das Problem der nicht ausreichenden Buchstaben und der daraus resultierenden Mehrdeutigkeit besteht in den allermeisten Sprachen, vor allem in solchen, in denen sich Lautung und Schreibweise sehr stark auseinander entwickelt haben (z. B. im Englischen und im Französischen).

Oft wird es durch die Einführung von Sonderzeichen gelöst, z.B. durch Akzente über den Konsonanten (in den slawischen Sprachen) oder über den Vokalen (z.B. im Französischen, vgl. z.B. la mer - das Meer - und la mère - Mutter).

In vielen Sprachen bilden diese sog. "diakritische Zeichen" einen integralen Bestandteil der Orthographie. Zu den häufigsten diakritischen Zeichen gehören

  • die Akzentzeichen Akut, ( ´ ), Gravis ( ` ) und Zirkumflex (  ˆ ),
  • der Makron ( ¯ ),
  • das Kürzezeichen, ( ¢ ),
  • das Trema ( ¨ ),
  • die Cedille ( ¸ ) und
  • die Tilde ( ˜ ).

Ein diakritisches Zeichen wird verwendet, um die Aussprache des Buchstaben zu modifizieren, dem es beigefügt ist.

Auf diese Weise lassen sich (andernfalls unausbleibliche) Mehrdeutigkeiten vermeiden (vgl. bieten/bitten, Miete/Mitte).

5. Transkription:

Damit auch ein "Nicht-Muttersprachler" eine fremde Sprache richtig aussprechen kann, muß er Unmengen kompliziertester Grammatik- und Ausspracheregeln erlernen, was vor allem bei etwas komplexeren und den exotischen Sprachen oft einen jahrelangen Aufwand erfordert, wobei zudem (ohne einen Aufenthalt im Ausland oder einen muttersprachigen Lehrer) keine Kontrollmöglichkeit besteht.

Bei einer Vielzahl von Sprachen (z.B. den Afrikanischen Sprachen oder den Indianersprachen Amerikas) wäre es z.B. einem Forscher auch gar nicht möglich, zum Erlernen der Aussprache jeder einzelnen der vielen Tausend Sprachen seines Forschungsgebietes dort jeweils einige Jahre "im Busch" zu leben.

Zur Vereinfachung und zur genauen Notation (also um die Aussprache bspw. in Wörterbüchern angeben zu können) hat man eine spezielle Umschrift entwickelt, die jedem von uns aus dem englischen, französischen oder griechischen Wörterbuch her bekannt ist.

In diesem "Internationalen Phonetischen Alphabet" sind 118 verschiedene Schriftzeichen aufgeführt, die denjenigen Lauten entsprechen, die im lateinischen Alphabet nicht existieren.
 
In dieser internationalen Lautschrift läßt sich somit jeder Laut einer Sprache mit einem eigenen Schriftzeichen darstellen. Es genügt die Kenntnis dieser Lautschrift, damit jeder Interessierte die Aussprache jeder beliebigen fremden Sprache der Welt nachvollziehen kann.

Bei der Transkription fremder Schriften kommt es also nicht auf Rechtschreibung, sondern nur auf die Wiedergabe der Laute an.