Sprachgeschichte

Nachdem die Römer ganz Italien erobert hatten, dehnten sie ihren Machtbereich im Laufe der Jahrhunderte über das gesamte Mittelmeergebiet (und steilweise weit darüber hinaus) aus.

Mit dem Niedergang Roms (476 n. Chr.) zerfiel das weströmische Reich, während das Oströmische Reich rund tausend Jahre länger (bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken im Jahr 1453) bestehen blieb.

Für die Entwicklung der romanischen Sprache war das oströmische Reich (also die östlichen Provinzen des Imperium Romanum) ohnehin weniger von Bedeutung, da in diesen Gebieten traditionell die griechische Sprache (als der Sprache der überlegenen griechischen Kultur) auch während der Zeit der römischen Herrschaft - und natürlich erst recht danach - vorherrschend blieb.

In den westlichen Eroberungsgebieten verdrängte das Latein dagegen im Laufe weniger Generationen die Sprachen der Unterworfenen völlig. Diese sog. Substratsprachen hinterließen allerdings zahlreiche Spuren, die einer der Gründe dafür sind, daß sich die dortigen regionalen Dialekte in der Folgezeit (nach dem Zerfall der römischen Zentralmacht) nicht einheitlich in eine Nachfolgesprache (also in eine Art “Romanisch”) wie zuvor das Lateinische entwickelten, sondern in eine Vielzahl von unterschiedlichen Sprachen (damals 10 - 15 größere) zerfielen.

Das in Rom und in den Provinzen gesprochene Lateinisch (das sog. Vulgärlatein) war die Umgangssprache des täglichen Lebens und unterschied sich erheblich von der Literatursprache, die wir aus dem Lateinunterricht kennen. Während diese Literatursprache (das sog. klassische Latein von Caesar, Cicero, u.v.m.) über viele Jahrhunderte völllig unverändert blieb (noch im 17. Jhdt. war es die Sprache der Gebildeten und der Wissenschaftler, wurde es auf Kongressen und in den Vorlesungen der Universitäten gesprochen, wurden die meisten Bücher auf Latein geschrieben) war das Vulgärlatein - wie jede gesprochene Sprache - mit der Zeit vielfältigen Wandlungen unterworfen.

Es war ständig im Fluß, wobei es auch erhebliche regionale Unterschiede gab - nicht zuletzt wegen der erwähnten sprachlichen Substrate -, so daß sich das gesprochene Latein in Rom mit Sicherheit anders anhörte als in den Provinzen Spaniens (seit 200 v.Chr.), Gallien (seit 50 v. Chr.) oder Britanniens (seit 43 n. Chr.) und sich entsprechend unterschiedlich weiterentwickelte.

Als die Herrschaft der Römer zusammenbrach, hatte sich ihre Sprache in Westeuropa (mit Ausnahme Britanniens, das in der äußersten Ecke des Reiches lag - so etabliert, daß sie sich gegen die neuen Eroberer behaupten konnte.

Auch wenn sich deren Sprache letztlich nicht durchsetzen konnte, liegt es auf der Hand, daß ihre Kulturen in der Sprache der besiegten Völker vielfältige Spuren (sog. Superstrate) hinterlassen haben.

Beide Einflüsse zusammengenommen (z.B. in Gallien die Substrate der besiegten Kelten einerseits, die Superstrate der siegreichen Franken andererseits) waren der Hauptgund, daß sich in den vormals römischen Gebieten viele verschiedene Dialekte herausbildeten, aus denen im weiteren Verlauf eigenständige Sprachen entstanden.

So unterschiedlich diese Tochtersprachen des Lateinischen im einzelnen auch sein mögen, weisen sie doch grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Diese lassen sich aus ihrer gemeinsamen Entwicklung aus dem Lateinischen erklären:

Quelle: Mader, Lateinische Wortkunde